Hier in Finnland funktioniert das ganze System Kindergarten/Vorschule/ Tagesstätte ein wenig anders, als wir das aus der Schweiz kennen. Meistens ist der Vorschulunterricht in einer Kindertagesstätte angesiedelt. Es gibt dann einfach zwei (oder je nach Grösse der Institution auch mehrere) Gruppen. In der einen Gruppe befinden sich die Vorschüler (alle Kinder die in diesem Kalenderjahr von Januar - Dezember 6 Jahre alt werden). In der anderen Gruppe die jüngeren Kinder. Da man in Finnland bis zu zwei Jahre Mutterschafts/ Vaterschaftsurlaub erhält (die Eltern können selber wählen wie sie sich die Zeit aufteilen möchten), werden meistens Kinder erst ab dem 2. Lebensjahr in den "Kindergarten" aufgenommen. Also wenn ich in diesem Blog vom Kindergarten spreche, ist dies nicht das, was wir in der Schweiz darunter verstehen, sondern die Tagestätte, der Hort, die Kirppe. Äusserst selten gibt es mal 1 Jährige und für jüngere Kinder gibt es meistens keine Institution (evtl. In grösseren Regionen wie Helsinki schon). Da es sich um eine Tagesstätte handelt, bleiben auch die Vorschüler meistens den ganzen Tag. Es findet aber lediglich am Morgen "Unterricht" statt. Nach dem Mittagessen gibt es eine Ruhezeit wo sich die Kinder auch schlafen legen und danach wird nur noch gespielt. Bei den Kleinen sieht das Programm sehr ähnlich aus. In den Kindergärten wo ich auf Besuch war, gab es auch für die jüngeren Kinder geleitete Lektionen, Lernspiele, Arbeitsblätter, Vorschul-Vorbereitungen, Aktivitäten und Förderungen. Interessant fand ich, dass das Ganze bereits sehr schulisch wirkt, zielorientierter und strenger, als ich dies aus der Schweiz kenne. Auch der Morgenkreis gestaltet sich um einiges Anspruchsvoller als ich das aus der Kirppe kenne. Es wird so gearbeitet, wie wir das im Schweizer Kindergarten machen. In Jokela war ich während meinen 5 Wochen regelmässig in einem Kindergarten und konnte auch einige Unterschiede zum ländlichen Kindergarten in Honkilahti entdecken. Ich war auf der Gruppe der Vipeltäjät. Die Kinder waren zwischen 3 und 5. Da es 3 Erzieherinnen gibt, werden am Morgen die Kinder unterteilt und die 3 Jährigen haben mi einer Erzieherin ein Programm, die 4 Jährigen mit einer anderen und die 5 Jährigen mit der 3. Erzieherin. Ich habe aber gelernt, dass nicht alle dieser Erzieherinnen die selbe Ausbildung haben. Lediglich die Gruppenleitung hat die Ausbildung zur "Vorschullehrerin". Wenn man diese Ausbildung hat, heisst es aber noch nicht, dass man dann nur Vorschulkinder unterrichtet. Auch auf der Gruppe mit den 1-3 jährigen Kindern, befindet sich eine Vorschullehrerin. In Finnland nennen sie diese Frauen "Lehrerin der frühkindlichen Erziehung". Die anderen sind "Kinderbetreuer". Es gibt aber zu dem noch Assistenzpersonen, welche keine pädagogische Ausbildung haben und lediglich in kleinen Pensen als Untersützung mitarbeiten. Im Kindergarten von Kolsa gab es 4 Gruppen. Die Gruppen werden je nach Anzahl der Kinder unterschiedlich gemischt. Im Moment gibt es meine Gruppe mit 3-5 Jährigen, eine Gruppe mit 3-4 jährigen, eine Gruppe mit 1-3 Jährigen (ab 3 Jahren wird gewechselt, wenn es in einer anderen Gruppe Platz hat) und eine Gruppe mit 5-6 Jährigen. Die letzte Gruppe entspricht sehr stark unserem Kindergarten. Aber auch hier werden die Viskarit (kleinen Kindergärtner) und die Eskarit (die Grossen) für die Lektionen getrennt. Es wird gemeinsam gegessen, geschlafen un gespielt (Ja, auch die 6 Jährigen müssen sich noch für den Mittagsschlaf bis zu 2 Stunden hinlegen). Der Altersdurchmischte Unterricht wird sehr selten ausgeführt. Nicht mal einen gemeinsamen Morgenkreis gibt es. Auf meine Bemerkung, dass es bei uns normal ist, Kreissequenzen mit 20- 23 4-6 Jährigen alleine durchzuführen, schauten mich alle nur mit grossen Augen an und fragten wie das möglich ist. Sie hätten ja schon Mühe mit 10 Kindern im selben Alter. Der Betreuungsschlüssel in Finnland ist viel enger. als in der Schweiz. Dadurch ergibt sich natürlich die Möglichkeit, dass man mit Kleingruppen intensiver arbeiten kann. Nachmittags wurde geschlafen, ein Snack gegessen und dann noch gespielt. Durch die hohe Anzahl an Betreuungspersonen gab es aber auch Räume, um nochmals in Kleingruppen Vertiefungsarbeit zu machen. Ich habe z.B. bei Sequenzen zur Sprachförderung zugeschaut.Allerdings fand ich es sehr unvorteilhaft und hatte Mühe als neutraler Beobachter zu fungieren. Es gab einige Kinder, die erst im Päiväkoti (Tageshaus, Kindergarten) Finnisch gelernt haben. Die Assistenzperson hat dann jeweils einzeln mit den Kindern Sprachförderungsspiele gemacht. Sie ist aber eine der Personen, welche nicht ausgebildet sind. Sie sprach mit den Kindern in starkem Dialekt und liess nie Zeit zum nachdenken. Wenn das Kind nicht gleich eine Antwort wusste, hat sie es einfach vorgesagt. Manchmal gab es auch Gruppen für Kinder die noch Mühe mit dem Erkennen von Buchstaben oder Zahlen hatten. wohlgemerkt 4-5 Jährige. Wenn Sie noch nicht so sattelfest mit dem Alphabet umgehen konnte, wurden sie am Nachmittag in einer Kleingruppe in den "Buchstabenclub" geholt, wo dann die Gruppenleiterin mit ihnen Förderaufgaben dazu machte. Mich erstaunte und schockierte dieses Intensive lernen fast ein wenig. Ich fand es zu viel. Aber schliesslich wird im Vorschulunterricht schon mit einem richtigen Lehrmittel gearbeitet, worin das Erlernen der Buchstaben und Zahlen der Hauptbestandteil ist und es wird erwartet, dass die Kinder schon Vorkenntnisse mitbringen. Was mir auch aufgefallen ist, der Finnische Kindergarten ist sehr zweckmässig orientiert und weniger ästhetisch als die meisten Kindergärten und Kinderkrippen in der Schweiz. Die Schlafruäme dienen ausserhalb der Ruhezeit als Turnhalle oder Spielzimmer. Der Morgenkreis wird an vielen Orten einfach in einer kalten Ecke des Zimmers gemacht, wo alle auf dem Boden sitzen. Sie arbeiten sehr stark mit Piktogrammen und Tagesabläufen, was ich gut finde. Mir persönlich fehlen aber Morgenrituale wie Begrüssungslieder oder Verse oder schon nur ein anständiges "Guten Morgen zusammen". Im Allgemeinen hatte ich den Eindruck, dass der Kindergartenunterricht, in der Schweiz Näher am Kind ist, dass wir in gewissen Schritten vielleicht sogar etwas fortschrittlicher Arbeiten als in Finnland. In Finnland gehört die Vorschule nicht zur Schule, wie es bei uns seit einigen Jahren der Fall ist und ich hatte den Eindruck, dass man deswegen einen Unterschied merkt.
Mir gefällt, dass die Kinderbetreuung mit der Schule so gut harmoniert, denn auch für die Schüler der 1. und 2. Klasse gibt es diese Betreuungsangebote direkt an der Schule. Die Schulassistenten betreuen am Morgen und am Nachmittag, vor und Nach dem Schulunterricht die sogenannten "Morgen- und Nachmittagsclubs" wo sie mit den Kindern zusammen basteln, Hausaufgaben machen oder auf dem Hof spielen. Ich freue mich sehr, wieder in der Schweiz im Kindergarten arbeiten zu dürfen. Ich bin auch ein wenig stolz, denn ich habe wirklich das Gefühl, dass ich und ganz viele tolle Kindergartenlehrpersonen, welche ich kenne und mit ihnen zusammenarbeiten oder nur bei ihnen hospitieren durfte, machen einen wunderbaren Job, einen Job, der meines Erachtens besser ausgeführt wird, als im super fortschrittlichen Finnland. Auch wenn ich nun bereits seit ein paar Tagen wieder in der Schweiz weile, werde ich wohl noch den einen oder anderen Blogpost verfassen, falls es noch interessierte Lehrpersonen gibt, die noch mehr über das System Schule in Finnland hören möchten. Da ich leider überhaupt keine Zeit oder Motivation hatte, während meiner Zeit in Finnland so viel über die Schule zu schreiben, werde ich dies noch nachträglich hier aus der Schweiz machen. Eine der grössten Überraschungen in der finnischen Schule, war für mich der Religionsunterricht. In der ländlichen Region von Hinnerjoki, Honkilahti, Eura wurde Religion sehr aktiv betrieben. Es wurde gebetet vor dem Essen und auch im Morgenkreis, der Pfarrer persönlich kam im Kindergarten vorbei und hat Geschichten aus der Bibel erzählt und der Religionsunterricht fand in der Schule während dem Regelunterricht statt, indem einfach die eigene Religion erklärt und bearbeitet wurde.
Heute habe ich hier in Jokela, an einem meiner neuen Arbeitsplätze gelernt, dass gewisse Sachen auch hier nicht so anders sind. Ich habe gelernt, dass es im finnischen Lehrplan verankert ist, dass eine Lektion pro Woche die christliche Religion erklärt wird. Es werden Gebete gelernt und die Bibel "studiert". ALLERDINGS ist es NICHT ERLAUBT in der Schule gemeinsam zu beten. Wenn es Eltern gibt, die das nicht möchten, gehen die Schüler während dieser Lektion in den Ethikunterricht zu einer anderen Lehrperson. In Jokela gehen von den insgesamt ca. 200 Schülern an der Lepolan Schule, lediglich 15 in den Ethikunterricht. Tarja, meine Mentorin hat mir erklärt, dass es auch Angebote für andere Religionen geben kann, wenn mindestens 6 Schüler an der Schule zB. dem Islam oder Budismus oder Hinduismus oder Judentum angehören würden. Nie hätte ich erwartet, dass in Finnland die Religion noch einen so viel höheren Stellenwert hat, als bei uns in der Schweiz. Aber ausserhalb von Helsinki ist Multikulturalität sehr selten, weshalb auch Religion nach wie vor stark mit Tradition und Gewohnheiten verbunden ist. Es ist Winter. Ich hoffe die kälteste Phase mit -25°C im Süden des Landes, haben wir jetzt hinter uns. Im Moment befindet sich die Temperaturgrenze bei ca. -5°C tagsüber. Alles ist weiss und rutschig. Natürlich wird der Finne nun sportlich erst so richtig aktiv. Die Finnen lieben ihren Wintersport. Eislaufen/Eishockey und Langlaufen werden als Nationalsportarten angesehen und werden deshalb auch in der Schule gelehrt. Neben jeder noch so kleinen Schule befindet sich mindestens ein Eisfeld (diese Eisfelder stehen für alle Leute jeder Zeit gratis zur Verfügung). Die Schüler haben anstatt des regulären Sporthallenunterrichts, Lektionen auf dem Eis. Sogar schon in der Vorschule oder auch in der Kinderkrippe wird mit den Kindern auf dem Eisfeld gerutscht.
Ausser dem Schlittschuhfahren wird ach das Ski-Langlaufen fleissig geübt, auch hier schon mit den Jüngsten. Wenn man mit einem Finnen übers Skifahren spricht, muss man immer erklären, ob es sich ums "downhill" - bergrunter oder "cross-country" landdurchquerende Skifahren handel, da es im Finnishen nur ein Wort dafür gibt und man hier sowirso nur sehr selten einen Hügel zum Skifahren findet, wie wir das kennen. Ob die Finnen in diesen beiden Sportarten besonders gut sind, in nationalen Wettkämpfen, weil sie schon so früh zu üben beginnen oder ob sie so früh zu üben beginnen, weil es die einzigen Sportarten sind, wo sie villeicht mal glänzen können, weiss ich allerdings nicht. Neues Jahr, neues Glück sagt man, ich hoffe dies trifft zu.
Am 24. Dezember 16 habe ich meinen Wohnort in Vaaljoki/ Hinnerjoki / Eura mit einem vollgepackten Auto verlassen. Habe dann zuerst ausgiebig Ferien gemacht zuerst im Hotel, dann im Blockhaus (Mökki) und dann nochmals im Hotel. Konnte herunterfahren, entspannen und hab sogar die Nordlichter endlich gesehen *_* der bestmögliche Anfang für das neue Jahr. Gestern Abend bin ich nun in Jokela eingetroffen und hab jetzt gerade mein Zimmer in der neuen Gastfamilie eingerichtet. Obwohl ich gestern erst ein paar Stunden mit der Familie verbracht habe, fühle ich mich hier schon um einiges wohler und mehr zu Hause, als das bei Heikkiläs je der Fall war. Die Familie besteht aus der 30 jährigen Lilli, ihrem Ehemann Petri und deren fast zweijährigen Tochter Eira. Die Kleine ist mir gegenüber noch etwas skeptisch, aber ich bin zuversichtlich, dass sich das noch ändern wird. Ich hab auch schon Lillis Eltern kennengelernt und die haben uns zum Essen eingeladen, dass ich sie noch besser kennenlernen kann. Obwohl auch Jokela eine eher kleine Gemeinde ist, hat es schon einiges mehr zu bieten, als Vaaljoki oder Hinnerjoki oder Eura "city". Es gibt einen grösseren Supermarkt, mehrere Schulen und Kinderstagestätten, 3 Fitnesscenter und eine Schwimmhalle. Und das Beste? Es gibt hier sogar Bushaltesellen, wo effektiv Busse halten und einen Bahnhof, wlechen ich zu Fuss in 20 min erreiche, da er nur ca. 1,7km entfernt ist. Der Bahnhof verfügt über eine direkte Verbindung nach Helsinki und in nur 37 min erreicht man den Hauptbahnhof der wundervollen Hauptstadt. In Jokela arbeiten 2 weitere ICYE Freiwillige, eine davon in derselben Schule wie ich. Da sie aber nicht im Einführungs Camp war im Sommer, kenne ich sie noch nicht. So viel ich weiss, kommt sie aus Ghana, wohnt nicht in Jokela selber, aber irgendwo in der Nähe. Die zweite Freiwillige wohnt auch in Jokela und sie kennen ich sogar. Michelle kommt aus Deutschland und wird im Frühling die Gastfamilie wechseln und dann hier bei Lilli und Petri leben. Es tut gut zu wissen, dass es Leute in der Nähe gibt die ich schon kenne. Auch meine Freundin Janina, mit welcher ich in Tallin war, wohnt in der Nähe von Helsinki. So wie diverse andere Leute, auch meine Namensvetterin aus der Schweiz und weitere Volunteers aus Deutschland. Am Monatag werde ich mit der Arbeit in der Primarschule beginnen. Aber auch die Kinderkrippe wird zu meinem Arbeitsbereich gehören. Wie genau es aufgeteilt wird, ist noch nicht klar und wird am Montag besprochen. Was ich aber weiss, es gib deutschsprachige Familien. Woher sie genau kommen weiss ich nicht. Auch ob die Kinder die Deutsche Sprache beherrschen, weiss ich noch nicht. Ich werde es herausfinden. Ich habe das Gefühl meine letzten Wochen hier, werden nochmals um einiges besser und dann in 5.5 Wochen ist meine Zeit im eisigen Finnland (-20°/ gefühlte -33° da es recht windig ist) vorbei und dann steht wieder ein Neuanfang an, dann aber in der Schweiz, in meiner Muttersprache, in meinem geliebeten Beruf. Happy Birthday unabhängiges Finnland zum 99. Unabhänigkeitstag. Heute vor 99 Jahren haben die Finnen ihre Unabhängigkeit von Russland erhalten.
Die Finnen sind sehr stolz auf diesen Tag und ihre Unabhängigkeit. Amüsant finde ich daher die Art und weise wie "gefeiert" wird. Denn obwohl es ein nationaler Feiertag ist und den Finnen die Freude und der Stolz über diesen Festag richtig aus den Augen strahlt, ist es in keiner Weise mit unserem 1. August zu vergleichen. Traditionellerweise werden um 18.00 Uhr zwei weiss- blaue Kerzen am Fenster aufgestellt und angezündet. Die Farbwahl ist klar, die Farben der Finnischen Flage, die Farben für Schnee, Wolken und Seen, blauer Himmel. Weshalb allerdings zwei Kerzen angezündet werden konnte mir bisher niemand erklären. Google hat mir diese Frage auch nicht konkret beantworten können, da es verschiedene Theorien dazu gibt. Heute ist auch ein offizieller Lippupäivää- Beflaggungstag. Zwischen 8.00 und 20.00 Uhr werden an offiziellen Gebäuden, Schulen aber auch privat die Flaggen gehisst. In meiner Gastfamilie wird heute den ganzen Tag Weihnachtsgebäck gebacken, aber in erster Linie deshalb, weil die Gastmutter Zeit dazu hat. Ein besonderes Festessen gibt es nicht. Es werden Kartoffeln und Reste von gestern serviert. Der Höhepunkt des Tages ist der Empfang im Präsidentenpalast. Welcher im nationalen Fersehen übertragen wird und sogar meine Gastfamilie, welche so gut wie nie Fernseh schaut, findet, dass man sich dieses Spektakel nicht entgehen lassen darf. "Heutzutage werden rd. 1800 Gäste eingeladen, darunter die Mitglieder des Staatsrats, die Mitglieder von Regierung und Parlaments, ausländische Diplomaten, die Bischöfe, die finnischen Abgeordneten des Europäischen Parlaments, die Kanzler und Direktoren der Universitäten, die Offiziere, die Landeshauptleute, die obersten Beamten der Rechtsprechung, und die ehemaligen Präsidenten, Ministerpräsidenten und Parlamentspräsidenten. Seit den letzten Jahrzehnten wird die Einladung auch an wichtige einflussreiche Personen des Wirtschaftslebens und der Kultur sowie an erfolgreiche Sportler und Künstler des Jahres geschickt. Weltbekannte Gäste waren in den vergangenen Jahren u.a. der The Rasmus-Sänger Lauri Ylönen und Rennfahrer Kimi Räikkönen" (Wikipedia). Meines Wissens nach war auch ein anderer Finnischer Sänger mindestens einmal eingeladen. Gerüchten zu folgen trug er damals rote Schuhe.. hab ich gehört.. Wenn man den Erzählungen "des Volks" lauscht, interessieren sich die Meisten (vor allem die Frauen) dafür, was für Kleider von wem getragen werden und es wird mit Freude darüber diskutiert und geurteilt. Laut meinem Gastvater Timo sind aber die Interviews mit den Gästen am interessantesten. Eingige Leute, welche Angehörige im Unabhängigkeitskrieg verloren haben oder Verwandte oder Freunde die später verstorben sind, aber im Krieg gedient haben, gehen auf den Friedhof, besuchen die Gräber, hinterlegen Blumen, Kränze und Kerzen. Letztens war die Zahnputztante in der Eskari. Sie hat den Kindern eine ganze Stunde lang erzählt, wie man die Zähne richtig putzen muss und was es mit den "Zahntüfeli" auf sich hat. Eine volle Stunde Frontalunterricht, mit sehr wenigen visuellen Anreizen und keinen Bewegungspausen. Einige Kinder, welche schneller zu zappeln beginnen als die andren, wurden nur andauernd ermahnt ruhig zu sein. Ich konnte beobachten wie sehr sich ein Junge bemühte und regelrecht zu zittern begann, im Versuch seinen Bewegungsdrang zu unterdrücken :-/. Mir wurde dann die Aufgabe erteil, mich neben ihn zu setzen und dafür zu sorgen, dass er ruhig bleibt. Als er sich aber auf den Boden setzte und dadurch scheinbar geerdet und ruhiger wurde, liess ich ihn da, denn er hat in keiner Weise gestört, wodurch ich mir aber missbilligende Blicke von der Mentorin einheimste, was mir aber gänzlich egal war. Auch die Kinder mit einer grossen Aufmerksamkeitsspanne konnten zum Schluss ihre Hinterteile nicht mehr still ruhen lassen und sie haben mir alle richtig Leid getann und ich wurde selber sehr unruhig, weil ich dies mit ansehen musste.
In dieser Stunde hat die Frau erzählt und berichtet und eine kurze Bildergeschichte erzählt und anschliessend konnten die Kinder ein Ausmalbild anfärben. Die Zähne wurden aber nicht geputz. Nur Bilder dazu gezeigt. Im Allgemeinen werden weder in der Schule, noch in der Esakri oder in der Kinderkrippe die Zähne geputz, da es als sehr unhygienisch gilt, die Zahnbürsten umherstehen zu lassen und sie viel Platz in Anspruch nehmen. Als Alternative dafür gibt es Xylit- Pastillen oder Kaugummis. Nach dem Mittagessen erhält jedes Kind eine solche "Pastilli", von der Grösse eines Skittles. die Pastillen gibt es in den verschiedensten Geschmacksrichtungen und zum Teil auch in unterschiedlichen Farben. Wie ich von Volunteer Freunden weiss, werden auch in anderen Regionen Finnlands die Zähne in Schulen und Institutionen nur mit diesen PAstillen gereinigt. Die Finnen haben in den 1970er Jahre entdeckt, dass Xylit gegen Karies hilft und auch vorbeugend dagegen wirkt und nun wird auf dieses Wundermittel geschworen. Kaugummis, Bonbons und auch Zahnpastas werben mit ihrem Xylitgehalt und sind überall zu kaufen. Nähere Informationen zu Xylit bietet Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Xylit Einige Zeit ist vergangen, seit ich mich zuletzt aufraffen konnte, etwas für die "Öffentlichkeit" zu schreiben. Der Hauptgrund dafür war, dass mir leider meine Zeit in Finnland nicht so gefällt, wie ich das gerne hätte. Die Arbeit ist für mich nicht sehr erfüllend. Eigentlich fällt es mir schwer, meine Zeit in der Eskari als Arbeit zu bezeichnen. Ich habe keine klaren Aufgaben und beobachte sehr viel. Leider gefällt mir Helenas Unterrichtsstil nicht sehr und ich habe auch zuweilen Mühe damit, ihre Lektionen zu beobachten, da sie sehr altmodisch unterrichtet und so gar nicht stufengerecht handelt und meiner Meinung nach nicht sehr auf die Bedürfnisse der Kinder eingeht. Auch sind ihre Methoden nicht wirklich abwechslungsreich, weshalb man einfach irgendwann nicht mehr vom Beobachten profitiert. Zudem bin ich jemand der auch gerne handelt und es ist nun mal meine Traumberuf und nur da sitzen und nichts machen können, ist für mich enorm frustrierend. Ich vermisse meinen Job. Ich sehne mich nach den anspruchsvollen Zeiten im Kindergarten Damm und der Herausforderung aus der HPS. Ich vermisse es, in direkter Interaktion mit den Kindern zu stehen, Wissen zu vermitteln, die Kinder zu fördern und ihnen zu helfen die Welt zu verstehen. Durch die Sprachbarriere ist es nicht so einfach, mit den Kindern in Kontakt zu treten. Aber leider bietet mir Helena auch nicht wirklich viel Raum. Sie integriert mich kein Stück in ihre Lektionen, da sie seit jeher das Selbe macht und nicht flexibel genug ist, etwas zu ändern. Auch auf Anregungen von mir geht sie selten bis nie ein und sagt oft, dass ich logischerweise nicht ihren Platz einnehmen kann. Auch hat sie ja ihre Miterzieherin Teja, welche feste Aufgaben hat. Da bleibt für mich einfach nichts zu tun. Ausserdem hat sie auch nicht die Zeit oder Kapazitäten mir noch irgendwelche Extraaufgaben aufzuhalsen. Somit bin ich am Beobachten, am Farbstifte Spitzen oder Informationen für die Eltern ins Elternbüchlein kleben. Da Helena auch noch die Leiterin der Tagesstätte in der Nähe ist, hat sie sehr viel administrative Aufgaben und verbringt sehr viel Zeit im Büro, am Computer und am Telefon. Sie bereitet den Unterricht nicht wirklich vor, sondern entscheidet meistens am Morgen was gemacht wird. Bastelarbeiten werden von Teja vorbereitet. Auch diese folgen stets demselben Muster. diverse Papierteile werden vorgezeichnet (meine Aufgabe nach Unterrichtsschluss besteht meistens darin für alle 14 Kinder die Teile vorzuzeichnen, etwas dass die 6-jährigen auch sehr gut alleine könnten) und dann von den Kindern ausgeschnitten und zusammengeklebt, damit der Hase, der Regenschirm, der Apfel, der Igel, das Gemüse oder was auch immer gerade zur Jahreszeit passt, entsteht. In den nächsten zwei Wochen werde ich noch ein paar Schulbesuche absolvieren in verschiedenen Schulen. Primar, Oberstufe und eine Schule, welche unserer Maturastufe entspricht. Nach den Weihnachtsferien werde ich hoffentlich an einem neuen Ort wohnen und arbeiten. Denn Auch die Wohnsituation ist nicht optimal für mich. Die Gasteltern sind im Dauerstress und wenn sie mal zu Hause sind, dann entnervt und am Streiten mit den Teenagern und am Umhereilen. Die Teenager sprechen so gut wie nie mit mir und schaffen es auch nicht mir in die Augen zu schauen. Wenn ich sie anspreche, kommt vielleicht ein "yes" oder "no" zurück, aber nicht mehr. Lediglich Kaisa, die 6- jährige Tochter gibt mir das Gefühl, dass ich hier wirklich gemocht werde und willkommen bin. Die Lage des Wohnorts war ja schon zu Beginn ein grosses Problem für mich. Ich dache nachdem ich mir ein Auto kaufte und mich etwas eingelebt habe, wird es besser werden, aber dies hat sich nur bedingt bewahrheitet. All diese Faktoren und viele mehr, haben mich zum Entschluss gebracht, dass ich hier weg muss, wenn ich noch mit positiven Gefühlen auf meine Zeit in Finnland möchte zurück blicken können. In den vergangenen Wochen habe ich mir die Wochenenden verplant und versucht rauszukommen, Leute zu treffen, was zu unternehmen und meinen Frust vergessen und mich besinnen, weshalb ich Finnland nach wie vor liebe. Ich war z.B an einem Konzert. Obwohl es eine kanadische Band war und ich deren Musik eigentlich nicht wirklich kenne und höre, hat es mir sehr gut getan und gefallen. Ich hab das zugefrorene Meer gesehen in Rauma und tolle Segelschiffe im kalten Turku. An einem Wochenende hab ich mit meiner deutschen Volunteer Kollegin Tallin, die Hauptstadt Estlands besucht. Tallin ist für eine Hauptstadt sehr klein und beschaulich. Das mittelalterliche Zentrum hat man schnell gesehen, allerdings gefiel mir die Stadt sehr. Vor allem, am zweiten Tag, als es nicht mehr in Strömen geregnet hat und wir sogar etwas Sonnenschein geniessen konnten. Am Abend waren wir dann im Ballett und haben uns Schwanensee angeschaut. Ich war noch nie zuvor im Ballet und richtig fasziniert von den Tänzern. Wie kann ein Mensch solche Eleganz ausstrahlen und sich auf diese Weise bewegen? Endlich habe ich es auch ins winterliche Lappland geschafft. Obwohl ich schon oft in Finnland war und auch schon in Lappland, hab ich es bisher noch nie im Winter in den hohen Norden geschafft. Eine Schweizer Freundin von mir, welche ich vor einem Jahr im finnisch Kurs in der Schweiz kennengelernt habe, hat mich gefragt, ob ich mit ihr eine Lapplandtour, mit einer Reisegruppe machen möchte. Unsere Destination war Saariselkä, welches recht hoch im Norden Finnlands liegt. Auf dem Weg dahin (von Tampere aus sind es ca. 12h mit dem Bus ohne Pausen) haben wir einen halt im "Santa Claus Village" gemacht. In Rovaniemi liegt das Dorf, welches laut den Finnen das offizielle Postbüro und die Werkstatt des richtigen Weihnachtsmann beherbergt. Endlich in Saariselkä (übersetzt heisst es soviel wie "Inselrücken") angekommen, konnten wir unsere Blockhütte beziehen. Die Reisegruppe bestand zum grössten Teil aus Studenten. Ich war in unserer Hütte die Älteste^^'. Wir waren 2 Schweizerinnen, zwei Belgierinnen und eine Amerikanerin. Insegsamt wurden ca. 9-10 Hütten von unserer Reisegruppe bewohnt. Saariselkä ist ein sehr idyllischer und überschaubarer Ort, welcher auf Touristen ausgerichtet ist. Die Umgebung ist bekannt für sein Skigebiet und anscheinend gehen auch berühmte Sportler (Langläufer) da trainieren. Wir konnten geführte Aktivitäten auswählen um teilzunehmen oder einfach unsere Freizeit geniessen. Ich war Langlaufen und musste feststellen, dass die Langlaufregion in Finnland um einiges hügeliger ist als ich das aus dem Obergoms aus der Schweiz kenne und war massiv verwirrt, dass Finnland unebener ist als die Schweiz. Unternahm eine nächtliche Rentiersafari und hab gelernt, dass Rentiere manchmal nicht schön in Reih und Glied trotten möchten. Und ging mit auf die Schneeschuhwanderung, wobei ich mir blaue Knie holte, da man den Fels trotz Schnee zu spüren bekommt, wenn man hinfällt. Des Weiteren habe ich mit meinen Hüttengenossinen Schnemenschen gebaut, das Feuer am Leben erhalten, Spaziergänge unternommen, Uno gespielt, gelacht, in der Sauna geschwitzt und im Schnee abgekühlt, gekocht und einfach die Zeit genossen. Zurück in Vaaljoki sind Weihnachtsvorbereitungen schon in vollem Gange. Heute musste ich den Weihnachtsbaum vor dem Kindergarten mit Lichterketten schmücken. In 30 Tagen ist Weihnachten und am 24. Dezember bekomme ich ein tolles Geschenk, da ich Besuch erhalte und nochmals Ferien machen kann. Bis dahin heisst es für mich: durchhalten und kleine Oasen der Freude suchen.
Bisher hab ich gar noch nicht wirklich berichtet, was ich während meiner Freizeit so anstelle. Ich war schon ein paar Mal in Helsinki wegen Treffen von der Organisation oder Besuch oder weil ich Freunde treffen wollte. Obwohl viele meiner Aktivitäten nicht aussergewöhnlich sind (schwimmen, Fitness, Kino) gibt es doch ein paar typisch Finnische Freizeitbeschäftigungen, welche ich unternommen habe. Tatsächlich war ich mit Anni und Mari (meiner Suport Person und ihrer Kollegin) angeln. Dies war ein Erlebnis.. vor allem als ich dann wirklich mehr als einen Fisch gefangen habe! Ich war äusserst schockiert darüber, dass man tatsächlich was fangen kann. Es waren lediglich 2 kleine Barsche, doch mein Erstaunen war riesig. Ich hatte allerdings recht Mühe damit, dass wir die Fische einfach im Boot "ersticken" liessen. Es dauerte recht lange, bis sie nicht mehr umher hüpften un zappelten.. :-/ Noch der grössere Schock war es dann, als meine Kollegin einen Hecht fing, Sie holte ihn ins Boot und wollte ihn mir nur zeigen (da man dem Hecht das Genick hätte brechen müssen und dies niemand von uns wollte). Allerdings wehrte sich der Hecht, entwischte aus Annis Händen und landete unter meiner Bank und sprach wild umher. Dabei Schlug er mir öfters auf mein Hinterteil und ich verhielt mich wie ein richtiges Stadtmädchen und konnte das Kreischen nicht unterdrücken. Wir alle drei haben Tränen gelacht ab der Situation und meiner Reaktion, weshalb es auch einige Zeit dauerte, bis Anni den Hecht wieder packen konnte und in den See zurück warf. Eins ist mir klar geworden.. Angeln ist defintiv nichts für mich.. Ich geniesse es mit dem Ruderboot über den spiegelglatten See zu fahren.. aber dafür muss ich nicht noch angeln. Die anschliessende Sauna war da viel mehr nach meinem Geschmack! An den Wochenenden gehe ich öfters mit der Gastfamilie in den Wald. Wir besuchen sogenannte "Laavu"s, Das sind Feuerstellen mit einer Art Holzhütte, welche vorne offen ist. An einer Laavu-sSelle hat es auch immer ein Plumpsklo, ein Gästebüchlein und trockenes Holz. In Finnland ist es nicht erlaubt selber eine Feuerstelle zu errichten. Aber Laavus sind für jederman offen. Man kann sogar da üernachten und die Konstruktion soll es auch ermöglichen im Winter da zu übernachten, da die Wärme vom Feuer unter das Dach wandert und die Hütte warm hält. Im Herbst muss man sich von den Hirschlausfliegen "Hirvikärpänen" in Acht nehmen. Diese sehr ekligen Fliegen nisten sich gerne in den Haaren von Mensch und Tier ein und.. glaubt mir.. das fühlt sich nicht sehr angenehm an. Weshalb man immer eine Kopfbedeckung tragen sollte, wenn man in den Wald geht. Meistens wenn wir bei einer Laavu-Stelle angekommen sind, gibt es Würstchen "Nakki" oder "Makkara" und "Suklaabanaani"- Schoggibanane :D. Ich war auch schon Pilze und Beeren sammeln, ganz typisch finnisch. Puolukoita - Preiselbeeren und Suppilovahvero, eine Art der Pfifferlinge, welche nur in sehr alten Wäldern wächst. Leider finde ich keine genau Übersetzung dafür. Sie werden mir nur als Pfifferlinge angegeben. Da wir wirklich fast im Wald wohnen und alle Strassen durch den Wald führen, sind mir auch schon einige Tiere begegnet. Hasen, Rehe, Elche, Auerhähne, Marder, Frösche, Dachse, Eichhörnchen, Igel, Adler, Blindschleichen, Schlangen und natürlich Mücken, Hirschlausfliegen und Spinnen sind mir schon über den Weg spaziert und wahrscheinlich noch mehr, aber ich kann mich nicht mehr erinnern. Leider konnte ich bisher noch kein gutes Foto von den Elchen machen. Ausser den Aktivitäten im Wald gehe ich wöchentlich in einen Finnisch Kurs um die Sprache wenigstens ein Bisschen zu beherrschen und etwas unter Leute zu kommen. Manchmal gehe ich auch ins Dorf-Volleyball. Da trifft sich Jung und Alt (16 Jahre bis 82 Jahre) und spielt zusammen einfach 90 Minuten lang Volleyball. Schade ist nur, dass ich mich an den Witzen und Gesprächen nicht beteiligen kann, da ich mich einfach noch nicht wirklich in Finnisch ausdrücken kann. Langsam gehen mir aber zumindest die einfachen Standardfragen schon besser von den Lippen als auch schon.. Immerhin kleine Fortschritte machen sich bemerkbar.. ich bezweifle allerdings, dass ich die Sprache je richtig beherrschen werde...
Ein wichtiger Unterschied, welchen ich im letzten Blog vergessen habe zu notieren, ist die Art wie man hier in Finnland den Lehrer anspricht. Obwohl die finnische Sprache eine Höflichkeits-- Sie - Form kennt, wird sie so gut wie nie verwendet. Sogar auf der Bank wurde ich nur mit meinem Vornamen angesprochen und auch die Angestellten tragen auf ihren Namensschildern lediglich ihre Vornamen, Dasselbe gilt für die Schule. Man spricht den Lehrer per du und mit Vornamen an. Nicht nur den Lehrer sondern auch den Schulleiter sprechen sowohl Kinder als auch Eltern mit dem Vornamen an. Gleiches gilt für die Eltern untereinander, als auch die Lehrkraft zu den Eltern. Du, hallo, Vornamen.
Nicht selten kommt es auch vor, dass Schüler die Lehrpersonen bei ihren Spitznamen nennen oder lediglich "opettaja" (Lehrer/-in) oder "ope" (Kurzform von Lehrer/-in) verwenden. Dies ist auch vollkommen in Ordnung und zulässig und sehr gängig. Mir gefällt diese unkomplizierte Art miteinander umzugehen. Bisher konnte ich auch nicht beobachten, dass dadurch der Respekt dem Lehrer gegenüber und seine Autorität gegenüber den Schülern an Wert verlieren. im Gegenteil, es entsteht eine sehr vertraute und lockere Beziehung, welche mir herzlicher erscheint, als das distanzierte Sie aus der Schweiz. Ich finde es sehr entspannend, dass man in Finnland nicht so schnell pikiert oder beleidigt ist, durch eine direkte Redensart. Man spricht sehr unverblümt und genau so wie man es meint. Es ist nicht notwendig Sachen schön zu reden oder nett zu verpacken, damit ja niemand sich angegriffen fühlen kann, selbst wenn man eigentlich Kritik ausüben möchte. Wenn etwas nicht passt, nennt man es beim Namen, so wissen alle woran sie sind und müssen sich nicht die Mühe machen, versuchen eine richtige Interpretation für eine Aussage von jemandem zu kreieren. Allerdings bedeutete es nicht, dass die Finnen so wortkarg sind, wie man ihnen nachsagt. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass der Durchschnitts Finne sehr gerne und viel erzählt.. wenn man ihm die Gelegenheit dazu gibt. Wenn sie mal in Fahrt kommen, kann man sie dann auch nur mühselig wieder bremsen. Die Geschichte will erzählt werden. Egal ob man sehr wohl weiss, wieso sich im Herbst die Bäume färben und dass die Nacht tendenziell dunkel ist, auch die Eigenarten von Schnee waren mir schon zuvor bekannt.. doch die Geschichte wird erzählt und lässt auch kein Spielraum um Anmerkungen zu machen (bzw. sie werden einfach nicht gehört) oder Nachfragen anzubringen. Mir wurde in letzter Zeit öfters mitgeteilt, dass ich viel finnischer bin, als die meisten Finnen selber. Seit nun drei Wochen arbeite ich in der Vorschule in Honkilahti. Mein Wunsch war es in einer Institution zu arbeiten, welche unserem Kindergarten am ähnlichsten ist. Normalerweise ist die finnische Vorschule in einer Kinderkrippe integriert. Was sie hier als Kindergarten bezeichnen, ist bei uns eine Kinderkrippe mit einer separaten Gruppe für die Vorschulkinder. Hier in Honkilahti ist dies nicht so. Die Vorschule wird einzeln geführt, wie bei uns der Kindergarten. Ich möchte nun gerne ein Bisschen einen Einblick in den Vorschulunterricht hier geben, muss aber festhalten, dass er nicht repräsentativ für das Schulsystem Finnland ist. Ich bin mir nämlich inzwischen sehr sicher, dass sich die Methoden in finnischen Schulen und Vorschulen stark von einander unterscheiden. Ich kann zum jetzigen Zeitpunkt lediglich schildern wie der Unterricht in dieser spezifischen Vorschule ist und Vergleiche zu meinen Erfahrungen in der Schweiz machen (auch in der Schweiz gibt es natürlich Differenzen von Kindergarten zu Kindergarten).
Es gibt sowohl viele Gemeinsamkeiten als auch durchaus deutliche Unterschiede zum Kindergarten in der Schweiz. Einige Unterschiede sind auf die Methodik der Lehrperson zurück zu führen und ich bin mir sicher, dass man solchen Kindergartenunterricht auch in der Schweiz findet. Andere Unterschiede sind auf die Mentalität der Menschen aus dieser Region zurück zu führen, andere sind tatsächlich etwas allgemeingültiger und so viel ich durch Gespräche in Erfahrung gebracht habe auf Finnland zu generalisieren und bei weiteren Unterschieden bin ich mir sicher, dass sie auf das System Schule in Finnland zurück zu führen sind und demnach im ganzen Land so gehandhabt werden. Obwohl ich folgend einige Unterschiede aufzeigen möchte, kann ich vorneweg sagen, dass ich etwas enttäuscht bin. Es gibt für mich hier nicht so viel neue und unbekannte Lernfelder, wie ich mir zu Beginn erhofft habe, da sich viele Grundstrukturen mit jenen in der Schweiz decken. Gemeinsamkeiten Der Unterricht dauert jeden Tag vier Stunden. Lerninhalte und Ziele entsprechen grösstenteils den Schweizer Kindergartenlehrplänen, Eskari gehört seit einigen Jahren offiziell zur Schule und ist die erste schulische Instanz, welche die Kinder durchlaufen müssen. Methodik und Didaktik entsprechen soweit allem was wir auch kennen und anwenden, meiner Meinung nach ist allerdings die Methodik von Helena, meiner Mentorin, etwas verhaltet. Ich habe durchaus das Gefühl, dass es Sachen gibt, die man nach neusten Erkenntnissen anders empfiehlt und ich definitiv anders machen würde. Doch ist dies eine individuelle Auffassung und ich weiss, dass jede Kindergärtnerin und sicherlich auch Kindergärtner (falls es noch welche gibt) ihre eigenen Vorlieben haben, was die Gestaltung des Unterrichts betrifft. Die Grundprinzipien sind allerdings dieselben. Das Lernen und Wohl des Kindes stehen im Zentrum der Arbeit. Die Lehrerin befolgt einen Lehrplan und hat vorgegebene Ziele, welche die Kinder bis zum Schuleintritt erreichen sollten. Es werden Elternabende organisiert zu Beginn des Jahres und vor dem Schuleintritt und Einzelgespräche geführt wo der Lernstand des Kindes besprochen wird. Anhand von Einschätzungsbögen wird den Eltern erklärt, wo sich das Kind in seiner Entwicklung befindet und wie man das Erreichen der Lernziele einschätzt. Ich finde das Grundverständnis und die Bedeutung der Vorschule hier in Honkilahti entsprechen stark den Auffassungen, welche ich und viele mir bekannten Kindergärtnerinnen in der Schweiz vertreten. Unterschiede im gesamten System Ein offensichtlicher Unterschied sind die Unterrichtszeiten. Eskari findet von 9.30 bis 13.20 Uhr statt. Anstatt einer Znünipause gibt es um 11 Uhr Mittagessen in der Schule. Wie alle Schüler in Finnland, essen auch die Kleinsten in der Schule und gehen nicht nach Hause. In einer Vorschule befindet sich abgesehen von der Lehrperson eine Miterzieherin, welche auch zu 100% anwesend ist. Das bedeutet, dass hier in Honkilahti zur Zeit 3 ausgebildete Arbeitskräfte für 14 Kinder sind (was mir persönlich fast ein bisschen frech vorkommt, wenn ich daran denke, dass man in der Schweiz teilweise mit 23 Kindern alleine ist). Natürlich kann man mich trotz Ausbildung nicht als vollwertig ansehen, da ich auf freiwilliger Basis arbeite und nicht als stellvertretende Arbeitskraft eingesetzt werden darf und mir mangels Wortschatz manchmal der Handlungsspielraum enorm eingeschränkt wird und ich nicht wirklich so arbeiten kann, wie mir das lieb wäre, aber das ist wiederum ein anderes Thema. Die Kinder gehen lediglich 1 Jahr in die Vorschule. Alle Kinder welche z.B. im Kalenderjahr 2016 von Januar- Dezember 6 Jahre alt werden, beginnen im August mit der Vorschule. Nach einem Jahr treten die Kinder dann in die erste Klasse ein. Etwas Weiteres was ich noch aufführen möchte ist das Schultaxi. Da hier die Distanzen um einiges Weiter sind als es in meinen Schweizer Arbeitsregionen üblich ist, kommen alle Kinder mit dem Schultaxi. Wenn ein Kind weiter als 5km von der Schule entfernt wohnt, hat es per Gesetz Anrecht auf ein gratis Taxidienst. Ich bin mir nicht sicher wie dies in der Schweiz geregelt ist, an Orten wo die Schule auch etwas weiter entfernt ist. Und ich weiss, dass man zum Beispiel in Helsinki die Schule selber wählen kann, dort dieses Anrecht aber nicht wirklich besteht, denn wenn eine Familie wünscht dass ihr Kind in den 10 km entfernten Kindergarten geht, anstatt in den Näheren, ist es in ihrer Verantwortung den Transport zu bezahlen. Und zu guter Letzt, Begrüssung und Abschied finden ohne Händedruck statt. Des ist nicht direkt etwas, das auf das Schulsystem zurück zu führen ist, sondern allgemein auf die Mentalität der Finnen, aber ich weiss, dass es in ganz Finnland so gehandhabt wird, weshalb ich es hier aufführen möchte. Für mich war es zu Beginn etwas verwirrend, obwohl ich es bereits im Voraus wusste. Ich muss auch ehrlich sagen, ich finde es etwas Schade. Mir fehlt der direkte Kontakt zu jedem einzelnen Kind. Dieser kurze Moment, welcher nur einem Kind spezifisch gewidmet ist und dem Kind die Anerkennung gibt, dass man es wahrgenommen hat. Regionalspezifische Unterschiede Der für mich grösste und unerwarteste Schock war die Erkenntnis, dass hier in dieser Region, die Religion einen sehr hohen Stellenwert einnimmt. Alle Familien besuchen dieselbe Kirche. Am Morgen gehört es zum Morgenritual, ein Gebet zu sprechen. Vor dem Mittagessen werden die Kinder dazu ermahnt, ihr Gebet nicht zu vergessen und heute war der Pfarrer höchstpersönlich hier und hat aus der Bibel erzählt und mit den Kindern gebetet und religiöse Lieder gesungen. Nächsten Monat findet dieser Religionsunterricht sogar in der Kirche selber statt. Monatlich kommt Herr Pfarrer vorbei oder wir gehen in die Kirche. Soviel ich weiss, gehen auch die meisten Familien regelmässig am Sonntag zur Kirche, Die Kinder kannten demnach die Gebete und Lieder schon sehr gut, obwohl dies heute der erste Besuch vom Pfarrer in diesem Schuljahr war. Im Gespräch mit anderen Leuten aus Finnland wurde mir klar, dass z.B. in Helsinki sowas nicht vorkommt. Evtl. werde ich noch Gelegenheit haben in anderen Kindergärten und/oder Schulen reinzuschnuppern. Ich bin gespannt, wie es anderswo aussieht, diesbezüglich. Bis Jetzt sind meine Arbeitstage ehre kurz und ich werde nicht stark gebraucht. Da Helena sehr oft die gleiche Methodik anwendet, habe ich nach 3 Wochen das Gefühl, dass ich nicht mehr wirklich viel neue didaktische Inputs erhalten werde, Unterrichtsideen notiere ich mir aber und vielleicht erinnere ich mich in ein paar Jahen sogar wieder daran und kann etwas davon anwenden. Diese Woche konnte ich das erste Mal selber sowas wie unterrichten. Ich habe ein Abschiedslied eingeführt. Das von den Aarauer Kindergärtner geliebte "Tschirribiribi Poropopo" singen nun auch die Finnischen Kinder in Honkilahti und zumindest den letzten Teil des Liedes beherrschen sie inzwischen schon recht gut und singen es auch gerne im Taxi oder auf dem Spielplatz. Diese Woche werde ich wohl auch mal eine Sequenz leiten können. Da es mein Hauptberuf wäre, ist es manchmal etwas frustrierend, wenn ich meine Tätigkeit nicht richtig ausüben kann, weil mir die Sprache fehlt. Auch werde ich einfach nicht sehr oft gebraucht bei 3 Erwachsenen auf 14 6-jährigen Kindern. Dies lässt meine eigentlich kurzen Arbeitstage doch recht lange erscheinen manchmal. Ich hoffe, dass ich noch einige andere Arbeitsplätze besuchen kann und natürlich hoffe ich, dass mein Sprachwissen sich soweit verbessert, dass ich einfache Kommunikation mit den Kindern führen kann. |