Einige Zeit ist vergangen, seit ich mich zuletzt aufraffen konnte, etwas für die "Öffentlichkeit" zu schreiben. Der Hauptgrund dafür war, dass mir leider meine Zeit in Finnland nicht so gefällt, wie ich das gerne hätte. Die Arbeit ist für mich nicht sehr erfüllend. Eigentlich fällt es mir schwer, meine Zeit in der Eskari als Arbeit zu bezeichnen. Ich habe keine klaren Aufgaben und beobachte sehr viel. Leider gefällt mir Helenas Unterrichtsstil nicht sehr und ich habe auch zuweilen Mühe damit, ihre Lektionen zu beobachten, da sie sehr altmodisch unterrichtet und so gar nicht stufengerecht handelt und meiner Meinung nach nicht sehr auf die Bedürfnisse der Kinder eingeht. Auch sind ihre Methoden nicht wirklich abwechslungsreich, weshalb man einfach irgendwann nicht mehr vom Beobachten profitiert. Zudem bin ich jemand der auch gerne handelt und es ist nun mal meine Traumberuf und nur da sitzen und nichts machen können, ist für mich enorm frustrierend. Ich vermisse meinen Job. Ich sehne mich nach den anspruchsvollen Zeiten im Kindergarten Damm und der Herausforderung aus der HPS. Ich vermisse es, in direkter Interaktion mit den Kindern zu stehen, Wissen zu vermitteln, die Kinder zu fördern und ihnen zu helfen die Welt zu verstehen. Durch die Sprachbarriere ist es nicht so einfach, mit den Kindern in Kontakt zu treten. Aber leider bietet mir Helena auch nicht wirklich viel Raum. Sie integriert mich kein Stück in ihre Lektionen, da sie seit jeher das Selbe macht und nicht flexibel genug ist, etwas zu ändern. Auch auf Anregungen von mir geht sie selten bis nie ein und sagt oft, dass ich logischerweise nicht ihren Platz einnehmen kann. Auch hat sie ja ihre Miterzieherin Teja, welche feste Aufgaben hat. Da bleibt für mich einfach nichts zu tun. Ausserdem hat sie auch nicht die Zeit oder Kapazitäten mir noch irgendwelche Extraaufgaben aufzuhalsen. Somit bin ich am Beobachten, am Farbstifte Spitzen oder Informationen für die Eltern ins Elternbüchlein kleben. Da Helena auch noch die Leiterin der Tagesstätte in der Nähe ist, hat sie sehr viel administrative Aufgaben und verbringt sehr viel Zeit im Büro, am Computer und am Telefon. Sie bereitet den Unterricht nicht wirklich vor, sondern entscheidet meistens am Morgen was gemacht wird. Bastelarbeiten werden von Teja vorbereitet. Auch diese folgen stets demselben Muster. diverse Papierteile werden vorgezeichnet (meine Aufgabe nach Unterrichtsschluss besteht meistens darin für alle 14 Kinder die Teile vorzuzeichnen, etwas dass die 6-jährigen auch sehr gut alleine könnten) und dann von den Kindern ausgeschnitten und zusammengeklebt, damit der Hase, der Regenschirm, der Apfel, der Igel, das Gemüse oder was auch immer gerade zur Jahreszeit passt, entsteht. In den nächsten zwei Wochen werde ich noch ein paar Schulbesuche absolvieren in verschiedenen Schulen. Primar, Oberstufe und eine Schule, welche unserer Maturastufe entspricht. Nach den Weihnachtsferien werde ich hoffentlich an einem neuen Ort wohnen und arbeiten. Denn Auch die Wohnsituation ist nicht optimal für mich. Die Gasteltern sind im Dauerstress und wenn sie mal zu Hause sind, dann entnervt und am Streiten mit den Teenagern und am Umhereilen. Die Teenager sprechen so gut wie nie mit mir und schaffen es auch nicht mir in die Augen zu schauen. Wenn ich sie anspreche, kommt vielleicht ein "yes" oder "no" zurück, aber nicht mehr. Lediglich Kaisa, die 6- jährige Tochter gibt mir das Gefühl, dass ich hier wirklich gemocht werde und willkommen bin. Die Lage des Wohnorts war ja schon zu Beginn ein grosses Problem für mich. Ich dache nachdem ich mir ein Auto kaufte und mich etwas eingelebt habe, wird es besser werden, aber dies hat sich nur bedingt bewahrheitet. All diese Faktoren und viele mehr, haben mich zum Entschluss gebracht, dass ich hier weg muss, wenn ich noch mit positiven Gefühlen auf meine Zeit in Finnland möchte zurück blicken können. In den vergangenen Wochen habe ich mir die Wochenenden verplant und versucht rauszukommen, Leute zu treffen, was zu unternehmen und meinen Frust vergessen und mich besinnen, weshalb ich Finnland nach wie vor liebe. Ich war z.B an einem Konzert. Obwohl es eine kanadische Band war und ich deren Musik eigentlich nicht wirklich kenne und höre, hat es mir sehr gut getan und gefallen. Ich hab das zugefrorene Meer gesehen in Rauma und tolle Segelschiffe im kalten Turku. An einem Wochenende hab ich mit meiner deutschen Volunteer Kollegin Tallin, die Hauptstadt Estlands besucht. Tallin ist für eine Hauptstadt sehr klein und beschaulich. Das mittelalterliche Zentrum hat man schnell gesehen, allerdings gefiel mir die Stadt sehr. Vor allem, am zweiten Tag, als es nicht mehr in Strömen geregnet hat und wir sogar etwas Sonnenschein geniessen konnten. Am Abend waren wir dann im Ballett und haben uns Schwanensee angeschaut. Ich war noch nie zuvor im Ballet und richtig fasziniert von den Tänzern. Wie kann ein Mensch solche Eleganz ausstrahlen und sich auf diese Weise bewegen? Endlich habe ich es auch ins winterliche Lappland geschafft. Obwohl ich schon oft in Finnland war und auch schon in Lappland, hab ich es bisher noch nie im Winter in den hohen Norden geschafft. Eine Schweizer Freundin von mir, welche ich vor einem Jahr im finnisch Kurs in der Schweiz kennengelernt habe, hat mich gefragt, ob ich mit ihr eine Lapplandtour, mit einer Reisegruppe machen möchte. Unsere Destination war Saariselkä, welches recht hoch im Norden Finnlands liegt. Auf dem Weg dahin (von Tampere aus sind es ca. 12h mit dem Bus ohne Pausen) haben wir einen halt im "Santa Claus Village" gemacht. In Rovaniemi liegt das Dorf, welches laut den Finnen das offizielle Postbüro und die Werkstatt des richtigen Weihnachtsmann beherbergt. Endlich in Saariselkä (übersetzt heisst es soviel wie "Inselrücken") angekommen, konnten wir unsere Blockhütte beziehen. Die Reisegruppe bestand zum grössten Teil aus Studenten. Ich war in unserer Hütte die Älteste^^'. Wir waren 2 Schweizerinnen, zwei Belgierinnen und eine Amerikanerin. Insegsamt wurden ca. 9-10 Hütten von unserer Reisegruppe bewohnt. Saariselkä ist ein sehr idyllischer und überschaubarer Ort, welcher auf Touristen ausgerichtet ist. Die Umgebung ist bekannt für sein Skigebiet und anscheinend gehen auch berühmte Sportler (Langläufer) da trainieren. Wir konnten geführte Aktivitäten auswählen um teilzunehmen oder einfach unsere Freizeit geniessen. Ich war Langlaufen und musste feststellen, dass die Langlaufregion in Finnland um einiges hügeliger ist als ich das aus dem Obergoms aus der Schweiz kenne und war massiv verwirrt, dass Finnland unebener ist als die Schweiz. Unternahm eine nächtliche Rentiersafari und hab gelernt, dass Rentiere manchmal nicht schön in Reih und Glied trotten möchten. Und ging mit auf die Schneeschuhwanderung, wobei ich mir blaue Knie holte, da man den Fels trotz Schnee zu spüren bekommt, wenn man hinfällt. Des Weiteren habe ich mit meinen Hüttengenossinen Schnemenschen gebaut, das Feuer am Leben erhalten, Spaziergänge unternommen, Uno gespielt, gelacht, in der Sauna geschwitzt und im Schnee abgekühlt, gekocht und einfach die Zeit genossen. Zurück in Vaaljoki sind Weihnachtsvorbereitungen schon in vollem Gange. Heute musste ich den Weihnachtsbaum vor dem Kindergarten mit Lichterketten schmücken. In 30 Tagen ist Weihnachten und am 24. Dezember bekomme ich ein tolles Geschenk, da ich Besuch erhalte und nochmals Ferien machen kann. Bis dahin heisst es für mich: durchhalten und kleine Oasen der Freude suchen.
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