Hier in Finnland funktioniert das ganze System Kindergarten/Vorschule/ Tagesstätte ein wenig anders, als wir das aus der Schweiz kennen. Meistens ist der Vorschulunterricht in einer Kindertagesstätte angesiedelt. Es gibt dann einfach zwei (oder je nach Grösse der Institution auch mehrere) Gruppen. In der einen Gruppe befinden sich die Vorschüler (alle Kinder die in diesem Kalenderjahr von Januar - Dezember 6 Jahre alt werden). In der anderen Gruppe die jüngeren Kinder. Da man in Finnland bis zu zwei Jahre Mutterschafts/ Vaterschaftsurlaub erhält (die Eltern können selber wählen wie sie sich die Zeit aufteilen möchten), werden meistens Kinder erst ab dem 2. Lebensjahr in den "Kindergarten" aufgenommen. Also wenn ich in diesem Blog vom Kindergarten spreche, ist dies nicht das, was wir in der Schweiz darunter verstehen, sondern die Tagestätte, der Hort, die Kirppe. Äusserst selten gibt es mal 1 Jährige und für jüngere Kinder gibt es meistens keine Institution (evtl. In grösseren Regionen wie Helsinki schon). Da es sich um eine Tagesstätte handelt, bleiben auch die Vorschüler meistens den ganzen Tag. Es findet aber lediglich am Morgen "Unterricht" statt. Nach dem Mittagessen gibt es eine Ruhezeit wo sich die Kinder auch schlafen legen und danach wird nur noch gespielt. Bei den Kleinen sieht das Programm sehr ähnlich aus. In den Kindergärten wo ich auf Besuch war, gab es auch für die jüngeren Kinder geleitete Lektionen, Lernspiele, Arbeitsblätter, Vorschul-Vorbereitungen, Aktivitäten und Förderungen. Interessant fand ich, dass das Ganze bereits sehr schulisch wirkt, zielorientierter und strenger, als ich dies aus der Schweiz kenne. Auch der Morgenkreis gestaltet sich um einiges Anspruchsvoller als ich das aus der Kirppe kenne. Es wird so gearbeitet, wie wir das im Schweizer Kindergarten machen. In Jokela war ich während meinen 5 Wochen regelmässig in einem Kindergarten und konnte auch einige Unterschiede zum ländlichen Kindergarten in Honkilahti entdecken. Ich war auf der Gruppe der Vipeltäjät. Die Kinder waren zwischen 3 und 5. Da es 3 Erzieherinnen gibt, werden am Morgen die Kinder unterteilt und die 3 Jährigen haben mi einer Erzieherin ein Programm, die 4 Jährigen mit einer anderen und die 5 Jährigen mit der 3. Erzieherin. Ich habe aber gelernt, dass nicht alle dieser Erzieherinnen die selbe Ausbildung haben. Lediglich die Gruppenleitung hat die Ausbildung zur "Vorschullehrerin". Wenn man diese Ausbildung hat, heisst es aber noch nicht, dass man dann nur Vorschulkinder unterrichtet. Auch auf der Gruppe mit den 1-3 jährigen Kindern, befindet sich eine Vorschullehrerin. In Finnland nennen sie diese Frauen "Lehrerin der frühkindlichen Erziehung". Die anderen sind "Kinderbetreuer". Es gibt aber zu dem noch Assistenzpersonen, welche keine pädagogische Ausbildung haben und lediglich in kleinen Pensen als Untersützung mitarbeiten. Im Kindergarten von Kolsa gab es 4 Gruppen. Die Gruppen werden je nach Anzahl der Kinder unterschiedlich gemischt. Im Moment gibt es meine Gruppe mit 3-5 Jährigen, eine Gruppe mit 3-4 jährigen, eine Gruppe mit 1-3 Jährigen (ab 3 Jahren wird gewechselt, wenn es in einer anderen Gruppe Platz hat) und eine Gruppe mit 5-6 Jährigen. Die letzte Gruppe entspricht sehr stark unserem Kindergarten. Aber auch hier werden die Viskarit (kleinen Kindergärtner) und die Eskarit (die Grossen) für die Lektionen getrennt. Es wird gemeinsam gegessen, geschlafen un gespielt (Ja, auch die 6 Jährigen müssen sich noch für den Mittagsschlaf bis zu 2 Stunden hinlegen). Der Altersdurchmischte Unterricht wird sehr selten ausgeführt. Nicht mal einen gemeinsamen Morgenkreis gibt es. Auf meine Bemerkung, dass es bei uns normal ist, Kreissequenzen mit 20- 23 4-6 Jährigen alleine durchzuführen, schauten mich alle nur mit grossen Augen an und fragten wie das möglich ist. Sie hätten ja schon Mühe mit 10 Kindern im selben Alter. Der Betreuungsschlüssel in Finnland ist viel enger. als in der Schweiz. Dadurch ergibt sich natürlich die Möglichkeit, dass man mit Kleingruppen intensiver arbeiten kann. Nachmittags wurde geschlafen, ein Snack gegessen und dann noch gespielt. Durch die hohe Anzahl an Betreuungspersonen gab es aber auch Räume, um nochmals in Kleingruppen Vertiefungsarbeit zu machen. Ich habe z.B. bei Sequenzen zur Sprachförderung zugeschaut.Allerdings fand ich es sehr unvorteilhaft und hatte Mühe als neutraler Beobachter zu fungieren. Es gab einige Kinder, die erst im Päiväkoti (Tageshaus, Kindergarten) Finnisch gelernt haben. Die Assistenzperson hat dann jeweils einzeln mit den Kindern Sprachförderungsspiele gemacht. Sie ist aber eine der Personen, welche nicht ausgebildet sind. Sie sprach mit den Kindern in starkem Dialekt und liess nie Zeit zum nachdenken. Wenn das Kind nicht gleich eine Antwort wusste, hat sie es einfach vorgesagt. Manchmal gab es auch Gruppen für Kinder die noch Mühe mit dem Erkennen von Buchstaben oder Zahlen hatten. wohlgemerkt 4-5 Jährige. Wenn Sie noch nicht so sattelfest mit dem Alphabet umgehen konnte, wurden sie am Nachmittag in einer Kleingruppe in den "Buchstabenclub" geholt, wo dann die Gruppenleiterin mit ihnen Förderaufgaben dazu machte. Mich erstaunte und schockierte dieses Intensive lernen fast ein wenig. Ich fand es zu viel. Aber schliesslich wird im Vorschulunterricht schon mit einem richtigen Lehrmittel gearbeitet, worin das Erlernen der Buchstaben und Zahlen der Hauptbestandteil ist und es wird erwartet, dass die Kinder schon Vorkenntnisse mitbringen. Was mir auch aufgefallen ist, der Finnische Kindergarten ist sehr zweckmässig orientiert und weniger ästhetisch als die meisten Kindergärten und Kinderkrippen in der Schweiz. Die Schlafruäme dienen ausserhalb der Ruhezeit als Turnhalle oder Spielzimmer. Der Morgenkreis wird an vielen Orten einfach in einer kalten Ecke des Zimmers gemacht, wo alle auf dem Boden sitzen. Sie arbeiten sehr stark mit Piktogrammen und Tagesabläufen, was ich gut finde. Mir persönlich fehlen aber Morgenrituale wie Begrüssungslieder oder Verse oder schon nur ein anständiges "Guten Morgen zusammen". Im Allgemeinen hatte ich den Eindruck, dass der Kindergartenunterricht, in der Schweiz Näher am Kind ist, dass wir in gewissen Schritten vielleicht sogar etwas fortschrittlicher Arbeiten als in Finnland. In Finnland gehört die Vorschule nicht zur Schule, wie es bei uns seit einigen Jahren der Fall ist und ich hatte den Eindruck, dass man deswegen einen Unterschied merkt.
Mir gefällt, dass die Kinderbetreuung mit der Schule so gut harmoniert, denn auch für die Schüler der 1. und 2. Klasse gibt es diese Betreuungsangebote direkt an der Schule. Die Schulassistenten betreuen am Morgen und am Nachmittag, vor und Nach dem Schulunterricht die sogenannten "Morgen- und Nachmittagsclubs" wo sie mit den Kindern zusammen basteln, Hausaufgaben machen oder auf dem Hof spielen. Ich freue mich sehr, wieder in der Schweiz im Kindergarten arbeiten zu dürfen. Ich bin auch ein wenig stolz, denn ich habe wirklich das Gefühl, dass ich und ganz viele tolle Kindergartenlehrpersonen, welche ich kenne und mit ihnen zusammenarbeiten oder nur bei ihnen hospitieren durfte, machen einen wunderbaren Job, einen Job, der meines Erachtens besser ausgeführt wird, als im super fortschrittlichen Finnland. Auch wenn ich nun bereits seit ein paar Tagen wieder in der Schweiz weile, werde ich wohl noch den einen oder anderen Blogpost verfassen, falls es noch interessierte Lehrpersonen gibt, die noch mehr über das System Schule in Finnland hören möchten. Da ich leider überhaupt keine Zeit oder Motivation hatte, während meiner Zeit in Finnland so viel über die Schule zu schreiben, werde ich dies noch nachträglich hier aus der Schweiz machen. Eine der grössten Überraschungen in der finnischen Schule, war für mich der Religionsunterricht. In der ländlichen Region von Hinnerjoki, Honkilahti, Eura wurde Religion sehr aktiv betrieben. Es wurde gebetet vor dem Essen und auch im Morgenkreis, der Pfarrer persönlich kam im Kindergarten vorbei und hat Geschichten aus der Bibel erzählt und der Religionsunterricht fand in der Schule während dem Regelunterricht statt, indem einfach die eigene Religion erklärt und bearbeitet wurde.
Heute habe ich hier in Jokela, an einem meiner neuen Arbeitsplätze gelernt, dass gewisse Sachen auch hier nicht so anders sind. Ich habe gelernt, dass es im finnischen Lehrplan verankert ist, dass eine Lektion pro Woche die christliche Religion erklärt wird. Es werden Gebete gelernt und die Bibel "studiert". ALLERDINGS ist es NICHT ERLAUBT in der Schule gemeinsam zu beten. Wenn es Eltern gibt, die das nicht möchten, gehen die Schüler während dieser Lektion in den Ethikunterricht zu einer anderen Lehrperson. In Jokela gehen von den insgesamt ca. 200 Schülern an der Lepolan Schule, lediglich 15 in den Ethikunterricht. Tarja, meine Mentorin hat mir erklärt, dass es auch Angebote für andere Religionen geben kann, wenn mindestens 6 Schüler an der Schule zB. dem Islam oder Budismus oder Hinduismus oder Judentum angehören würden. Nie hätte ich erwartet, dass in Finnland die Religion noch einen so viel höheren Stellenwert hat, als bei uns in der Schweiz. Aber ausserhalb von Helsinki ist Multikulturalität sehr selten, weshalb auch Religion nach wie vor stark mit Tradition und Gewohnheiten verbunden ist. Es ist Winter. Ich hoffe die kälteste Phase mit -25°C im Süden des Landes, haben wir jetzt hinter uns. Im Moment befindet sich die Temperaturgrenze bei ca. -5°C tagsüber. Alles ist weiss und rutschig. Natürlich wird der Finne nun sportlich erst so richtig aktiv. Die Finnen lieben ihren Wintersport. Eislaufen/Eishockey und Langlaufen werden als Nationalsportarten angesehen und werden deshalb auch in der Schule gelehrt. Neben jeder noch so kleinen Schule befindet sich mindestens ein Eisfeld (diese Eisfelder stehen für alle Leute jeder Zeit gratis zur Verfügung). Die Schüler haben anstatt des regulären Sporthallenunterrichts, Lektionen auf dem Eis. Sogar schon in der Vorschule oder auch in der Kinderkrippe wird mit den Kindern auf dem Eisfeld gerutscht.
Ausser dem Schlittschuhfahren wird ach das Ski-Langlaufen fleissig geübt, auch hier schon mit den Jüngsten. Wenn man mit einem Finnen übers Skifahren spricht, muss man immer erklären, ob es sich ums "downhill" - bergrunter oder "cross-country" landdurchquerende Skifahren handel, da es im Finnishen nur ein Wort dafür gibt und man hier sowirso nur sehr selten einen Hügel zum Skifahren findet, wie wir das kennen. Ob die Finnen in diesen beiden Sportarten besonders gut sind, in nationalen Wettkämpfen, weil sie schon so früh zu üben beginnen oder ob sie so früh zu üben beginnen, weil es die einzigen Sportarten sind, wo sie villeicht mal glänzen können, weiss ich allerdings nicht. Letztens war die Zahnputztante in der Eskari. Sie hat den Kindern eine ganze Stunde lang erzählt, wie man die Zähne richtig putzen muss und was es mit den "Zahntüfeli" auf sich hat. Eine volle Stunde Frontalunterricht, mit sehr wenigen visuellen Anreizen und keinen Bewegungspausen. Einige Kinder, welche schneller zu zappeln beginnen als die andren, wurden nur andauernd ermahnt ruhig zu sein. Ich konnte beobachten wie sehr sich ein Junge bemühte und regelrecht zu zittern begann, im Versuch seinen Bewegungsdrang zu unterdrücken :-/. Mir wurde dann die Aufgabe erteil, mich neben ihn zu setzen und dafür zu sorgen, dass er ruhig bleibt. Als er sich aber auf den Boden setzte und dadurch scheinbar geerdet und ruhiger wurde, liess ich ihn da, denn er hat in keiner Weise gestört, wodurch ich mir aber missbilligende Blicke von der Mentorin einheimste, was mir aber gänzlich egal war. Auch die Kinder mit einer grossen Aufmerksamkeitsspanne konnten zum Schluss ihre Hinterteile nicht mehr still ruhen lassen und sie haben mir alle richtig Leid getann und ich wurde selber sehr unruhig, weil ich dies mit ansehen musste.
In dieser Stunde hat die Frau erzählt und berichtet und eine kurze Bildergeschichte erzählt und anschliessend konnten die Kinder ein Ausmalbild anfärben. Die Zähne wurden aber nicht geputz. Nur Bilder dazu gezeigt. Im Allgemeinen werden weder in der Schule, noch in der Esakri oder in der Kinderkrippe die Zähne geputz, da es als sehr unhygienisch gilt, die Zahnbürsten umherstehen zu lassen und sie viel Platz in Anspruch nehmen. Als Alternative dafür gibt es Xylit- Pastillen oder Kaugummis. Nach dem Mittagessen erhält jedes Kind eine solche "Pastilli", von der Grösse eines Skittles. die Pastillen gibt es in den verschiedensten Geschmacksrichtungen und zum Teil auch in unterschiedlichen Farben. Wie ich von Volunteer Freunden weiss, werden auch in anderen Regionen Finnlands die Zähne in Schulen und Institutionen nur mit diesen PAstillen gereinigt. Die Finnen haben in den 1970er Jahre entdeckt, dass Xylit gegen Karies hilft und auch vorbeugend dagegen wirkt und nun wird auf dieses Wundermittel geschworen. Kaugummis, Bonbons und auch Zahnpastas werben mit ihrem Xylitgehalt und sind überall zu kaufen. Nähere Informationen zu Xylit bietet Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Xylit Ein wichtiger Unterschied, welchen ich im letzten Blog vergessen habe zu notieren, ist die Art wie man hier in Finnland den Lehrer anspricht. Obwohl die finnische Sprache eine Höflichkeits-- Sie - Form kennt, wird sie so gut wie nie verwendet. Sogar auf der Bank wurde ich nur mit meinem Vornamen angesprochen und auch die Angestellten tragen auf ihren Namensschildern lediglich ihre Vornamen, Dasselbe gilt für die Schule. Man spricht den Lehrer per du und mit Vornamen an. Nicht nur den Lehrer sondern auch den Schulleiter sprechen sowohl Kinder als auch Eltern mit dem Vornamen an. Gleiches gilt für die Eltern untereinander, als auch die Lehrkraft zu den Eltern. Du, hallo, Vornamen.
Nicht selten kommt es auch vor, dass Schüler die Lehrpersonen bei ihren Spitznamen nennen oder lediglich "opettaja" (Lehrer/-in) oder "ope" (Kurzform von Lehrer/-in) verwenden. Dies ist auch vollkommen in Ordnung und zulässig und sehr gängig. Mir gefällt diese unkomplizierte Art miteinander umzugehen. Bisher konnte ich auch nicht beobachten, dass dadurch der Respekt dem Lehrer gegenüber und seine Autorität gegenüber den Schülern an Wert verlieren. im Gegenteil, es entsteht eine sehr vertraute und lockere Beziehung, welche mir herzlicher erscheint, als das distanzierte Sie aus der Schweiz. Ich finde es sehr entspannend, dass man in Finnland nicht so schnell pikiert oder beleidigt ist, durch eine direkte Redensart. Man spricht sehr unverblümt und genau so wie man es meint. Es ist nicht notwendig Sachen schön zu reden oder nett zu verpacken, damit ja niemand sich angegriffen fühlen kann, selbst wenn man eigentlich Kritik ausüben möchte. Wenn etwas nicht passt, nennt man es beim Namen, so wissen alle woran sie sind und müssen sich nicht die Mühe machen, versuchen eine richtige Interpretation für eine Aussage von jemandem zu kreieren. Allerdings bedeutete es nicht, dass die Finnen so wortkarg sind, wie man ihnen nachsagt. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass der Durchschnitts Finne sehr gerne und viel erzählt.. wenn man ihm die Gelegenheit dazu gibt. Wenn sie mal in Fahrt kommen, kann man sie dann auch nur mühselig wieder bremsen. Die Geschichte will erzählt werden. Egal ob man sehr wohl weiss, wieso sich im Herbst die Bäume färben und dass die Nacht tendenziell dunkel ist, auch die Eigenarten von Schnee waren mir schon zuvor bekannt.. doch die Geschichte wird erzählt und lässt auch kein Spielraum um Anmerkungen zu machen (bzw. sie werden einfach nicht gehört) oder Nachfragen anzubringen. Mir wurde in letzter Zeit öfters mitgeteilt, dass ich viel finnischer bin, als die meisten Finnen selber. Seit nun drei Wochen arbeite ich in der Vorschule in Honkilahti. Mein Wunsch war es in einer Institution zu arbeiten, welche unserem Kindergarten am ähnlichsten ist. Normalerweise ist die finnische Vorschule in einer Kinderkrippe integriert. Was sie hier als Kindergarten bezeichnen, ist bei uns eine Kinderkrippe mit einer separaten Gruppe für die Vorschulkinder. Hier in Honkilahti ist dies nicht so. Die Vorschule wird einzeln geführt, wie bei uns der Kindergarten. Ich möchte nun gerne ein Bisschen einen Einblick in den Vorschulunterricht hier geben, muss aber festhalten, dass er nicht repräsentativ für das Schulsystem Finnland ist. Ich bin mir nämlich inzwischen sehr sicher, dass sich die Methoden in finnischen Schulen und Vorschulen stark von einander unterscheiden. Ich kann zum jetzigen Zeitpunkt lediglich schildern wie der Unterricht in dieser spezifischen Vorschule ist und Vergleiche zu meinen Erfahrungen in der Schweiz machen (auch in der Schweiz gibt es natürlich Differenzen von Kindergarten zu Kindergarten).
Es gibt sowohl viele Gemeinsamkeiten als auch durchaus deutliche Unterschiede zum Kindergarten in der Schweiz. Einige Unterschiede sind auf die Methodik der Lehrperson zurück zu führen und ich bin mir sicher, dass man solchen Kindergartenunterricht auch in der Schweiz findet. Andere Unterschiede sind auf die Mentalität der Menschen aus dieser Region zurück zu führen, andere sind tatsächlich etwas allgemeingültiger und so viel ich durch Gespräche in Erfahrung gebracht habe auf Finnland zu generalisieren und bei weiteren Unterschieden bin ich mir sicher, dass sie auf das System Schule in Finnland zurück zu führen sind und demnach im ganzen Land so gehandhabt werden. Obwohl ich folgend einige Unterschiede aufzeigen möchte, kann ich vorneweg sagen, dass ich etwas enttäuscht bin. Es gibt für mich hier nicht so viel neue und unbekannte Lernfelder, wie ich mir zu Beginn erhofft habe, da sich viele Grundstrukturen mit jenen in der Schweiz decken. Gemeinsamkeiten Der Unterricht dauert jeden Tag vier Stunden. Lerninhalte und Ziele entsprechen grösstenteils den Schweizer Kindergartenlehrplänen, Eskari gehört seit einigen Jahren offiziell zur Schule und ist die erste schulische Instanz, welche die Kinder durchlaufen müssen. Methodik und Didaktik entsprechen soweit allem was wir auch kennen und anwenden, meiner Meinung nach ist allerdings die Methodik von Helena, meiner Mentorin, etwas verhaltet. Ich habe durchaus das Gefühl, dass es Sachen gibt, die man nach neusten Erkenntnissen anders empfiehlt und ich definitiv anders machen würde. Doch ist dies eine individuelle Auffassung und ich weiss, dass jede Kindergärtnerin und sicherlich auch Kindergärtner (falls es noch welche gibt) ihre eigenen Vorlieben haben, was die Gestaltung des Unterrichts betrifft. Die Grundprinzipien sind allerdings dieselben. Das Lernen und Wohl des Kindes stehen im Zentrum der Arbeit. Die Lehrerin befolgt einen Lehrplan und hat vorgegebene Ziele, welche die Kinder bis zum Schuleintritt erreichen sollten. Es werden Elternabende organisiert zu Beginn des Jahres und vor dem Schuleintritt und Einzelgespräche geführt wo der Lernstand des Kindes besprochen wird. Anhand von Einschätzungsbögen wird den Eltern erklärt, wo sich das Kind in seiner Entwicklung befindet und wie man das Erreichen der Lernziele einschätzt. Ich finde das Grundverständnis und die Bedeutung der Vorschule hier in Honkilahti entsprechen stark den Auffassungen, welche ich und viele mir bekannten Kindergärtnerinnen in der Schweiz vertreten. Unterschiede im gesamten System Ein offensichtlicher Unterschied sind die Unterrichtszeiten. Eskari findet von 9.30 bis 13.20 Uhr statt. Anstatt einer Znünipause gibt es um 11 Uhr Mittagessen in der Schule. Wie alle Schüler in Finnland, essen auch die Kleinsten in der Schule und gehen nicht nach Hause. In einer Vorschule befindet sich abgesehen von der Lehrperson eine Miterzieherin, welche auch zu 100% anwesend ist. Das bedeutet, dass hier in Honkilahti zur Zeit 3 ausgebildete Arbeitskräfte für 14 Kinder sind (was mir persönlich fast ein bisschen frech vorkommt, wenn ich daran denke, dass man in der Schweiz teilweise mit 23 Kindern alleine ist). Natürlich kann man mich trotz Ausbildung nicht als vollwertig ansehen, da ich auf freiwilliger Basis arbeite und nicht als stellvertretende Arbeitskraft eingesetzt werden darf und mir mangels Wortschatz manchmal der Handlungsspielraum enorm eingeschränkt wird und ich nicht wirklich so arbeiten kann, wie mir das lieb wäre, aber das ist wiederum ein anderes Thema. Die Kinder gehen lediglich 1 Jahr in die Vorschule. Alle Kinder welche z.B. im Kalenderjahr 2016 von Januar- Dezember 6 Jahre alt werden, beginnen im August mit der Vorschule. Nach einem Jahr treten die Kinder dann in die erste Klasse ein. Etwas Weiteres was ich noch aufführen möchte ist das Schultaxi. Da hier die Distanzen um einiges Weiter sind als es in meinen Schweizer Arbeitsregionen üblich ist, kommen alle Kinder mit dem Schultaxi. Wenn ein Kind weiter als 5km von der Schule entfernt wohnt, hat es per Gesetz Anrecht auf ein gratis Taxidienst. Ich bin mir nicht sicher wie dies in der Schweiz geregelt ist, an Orten wo die Schule auch etwas weiter entfernt ist. Und ich weiss, dass man zum Beispiel in Helsinki die Schule selber wählen kann, dort dieses Anrecht aber nicht wirklich besteht, denn wenn eine Familie wünscht dass ihr Kind in den 10 km entfernten Kindergarten geht, anstatt in den Näheren, ist es in ihrer Verantwortung den Transport zu bezahlen. Und zu guter Letzt, Begrüssung und Abschied finden ohne Händedruck statt. Des ist nicht direkt etwas, das auf das Schulsystem zurück zu führen ist, sondern allgemein auf die Mentalität der Finnen, aber ich weiss, dass es in ganz Finnland so gehandhabt wird, weshalb ich es hier aufführen möchte. Für mich war es zu Beginn etwas verwirrend, obwohl ich es bereits im Voraus wusste. Ich muss auch ehrlich sagen, ich finde es etwas Schade. Mir fehlt der direkte Kontakt zu jedem einzelnen Kind. Dieser kurze Moment, welcher nur einem Kind spezifisch gewidmet ist und dem Kind die Anerkennung gibt, dass man es wahrgenommen hat. Regionalspezifische Unterschiede Der für mich grösste und unerwarteste Schock war die Erkenntnis, dass hier in dieser Region, die Religion einen sehr hohen Stellenwert einnimmt. Alle Familien besuchen dieselbe Kirche. Am Morgen gehört es zum Morgenritual, ein Gebet zu sprechen. Vor dem Mittagessen werden die Kinder dazu ermahnt, ihr Gebet nicht zu vergessen und heute war der Pfarrer höchstpersönlich hier und hat aus der Bibel erzählt und mit den Kindern gebetet und religiöse Lieder gesungen. Nächsten Monat findet dieser Religionsunterricht sogar in der Kirche selber statt. Monatlich kommt Herr Pfarrer vorbei oder wir gehen in die Kirche. Soviel ich weiss, gehen auch die meisten Familien regelmässig am Sonntag zur Kirche, Die Kinder kannten demnach die Gebete und Lieder schon sehr gut, obwohl dies heute der erste Besuch vom Pfarrer in diesem Schuljahr war. Im Gespräch mit anderen Leuten aus Finnland wurde mir klar, dass z.B. in Helsinki sowas nicht vorkommt. Evtl. werde ich noch Gelegenheit haben in anderen Kindergärten und/oder Schulen reinzuschnuppern. Ich bin gespannt, wie es anderswo aussieht, diesbezüglich. Bis Jetzt sind meine Arbeitstage ehre kurz und ich werde nicht stark gebraucht. Da Helena sehr oft die gleiche Methodik anwendet, habe ich nach 3 Wochen das Gefühl, dass ich nicht mehr wirklich viel neue didaktische Inputs erhalten werde, Unterrichtsideen notiere ich mir aber und vielleicht erinnere ich mich in ein paar Jahen sogar wieder daran und kann etwas davon anwenden. Diese Woche konnte ich das erste Mal selber sowas wie unterrichten. Ich habe ein Abschiedslied eingeführt. Das von den Aarauer Kindergärtner geliebte "Tschirribiribi Poropopo" singen nun auch die Finnischen Kinder in Honkilahti und zumindest den letzten Teil des Liedes beherrschen sie inzwischen schon recht gut und singen es auch gerne im Taxi oder auf dem Spielplatz. Diese Woche werde ich wohl auch mal eine Sequenz leiten können. Da es mein Hauptberuf wäre, ist es manchmal etwas frustrierend, wenn ich meine Tätigkeit nicht richtig ausüben kann, weil mir die Sprache fehlt. Auch werde ich einfach nicht sehr oft gebraucht bei 3 Erwachsenen auf 14 6-jährigen Kindern. Dies lässt meine eigentlich kurzen Arbeitstage doch recht lange erscheinen manchmal. Ich hoffe, dass ich noch einige andere Arbeitsplätze besuchen kann und natürlich hoffe ich, dass mein Sprachwissen sich soweit verbessert, dass ich einfache Kommunikation mit den Kindern führen kann. |